Sparmodus

Montag, 30. Oktober 2023
Foto: Kaleb

Nach Hoffnung auf Wachstum in den ersten Monaten 2023 dreht die Stimmung im deutschen E-Commerce. Die Lager sind voll, die Umsätze sinken.

Anfang des Jahres waren die Händler noch optimistisch und prognostizierten für 2023 ein Umsatzplus von 4,8 Prozent im E-Commerce. Dann brach das Geschäft ein, und der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) schraubte im Juli die Umsatzerwartung für das Gesamtjahr herunter – auf minus fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr 2022. Im ersten Halbjahr 2023 lagen die Umsätze um 13,7 Prozent unter dem Vergleichswert von 2022. Verglichen mit dem ersten Halbjahr 2019, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie, schlägt allerdings noch immer ein Plus von 14,7 Prozent zu Buche. 
 
Alle Branchen verlieren
Im zweiten Quartal 2023 gab es unter den grossen Branchen im Online-Handel nur Verlierer. Am stärksten zurück gingen die Umsätze mit Schmuck und Uhren (-17,4 %), Computer/Zubehör/Spiele (-16,9 %), Haushaltswaren und -geräte (-16,1 %) sowie Auto- und Motorradzubehör (-15,9 %). Vergleichsweise moderate Verluste fuhren indes die Händler von DIY und Blumen (-0,3 %), Lebensmitteln (-4,8 %) und Tierbedarf (-5,4 %) ein. Der Online-Umsatz mit Lebensmitteln lag im 2. Quartal bei 925 Millionen Euro.
 
Aktionen verpuffen
In die gleiche Richtung wie die Branchenumsätze zeigen die Ergebnisse der Mitgliederbefragung, die der bevh im Juli durchgeführt hat. Zwei von drei Unternehmen geben an, dass sie ihre geplanten Umsätze im zweiten Quartal nicht erreicht haben. Ging im ersten Quartal noch jeder vierte Befragungsteilnehmer davon aus, im Jahresverlauf die Krise hinter sich zu lassen, zeigen sich nun nur noch wenig mehr als 20 Prozent entsprechend optimistisch. Vergleichbar hat sich auch die Zahl derjenigen entwickelt, die befürchten, auf die aktuelle Situation mit Personalmassnahmen reagieren zu müssen. «Die Unternehmen stemmen sich mit Macht gegen die Krise. Aber sie müssen erkennen, dass sich die Konsumentinnen und Konsumenten auch durch starke Angebote kaum noch zum Kauf bewegen lassen», sagt der stellvertretende bevh-Hauptgeschäftsführer Martin Gross-Albenhausen. Deutschland sei, wie viele andere Länder auch, in der Rezession. Davon könne sich der Online-Handel nicht abkoppeln. Gross-Albenhausen: «Scheinbar hohe Lohnzuwächse werden durch die kalte Progression oft wieder kassiert. Solange die Menschen erwarten, dass ihre Reallöhne sinken und finanzielle Sonderbelastungen zunehmen, werden sie sich jeden Einkauf gut überlegen.»
 
Verbraucher bleiben sparsam
Die pessimistischen Geschäftserwartungen der Händler und anhaltend schlechte Wirtschaftsdaten für Deutschland geben laut bevh wenig Hoffnung auf eine Besserung der Geschäftslage im weiteren Jahresverlauf. In wesentlichen Warengruppen wachse der Druck, die Lager zu leeren, hinzu komme noch ein Rabatteffekt. «Selbst bei einer derzeit nicht absehbaren Verbesserung der Konsumstimmung im zweiten Halbjahr wären die bisherigen Rückgänge kaum aufzuholen», befürchtet Gross-Albenhausen. Die schlechte Stimmung der Händler kann auch eine Konsumentenumfrage nicht aufhellen. Im Gegenteil: Die Online-Shopper wollen in den kommenden Monaten ihre Ausgaben nicht erhöhen – sie verharren im Sparmodus.
 

News

Foto: Stefanie Brückner

Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

Foto: Ben Pakalski

Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Umfrage

Im Juli 2023 hat der bevh aktive Online-Kunden zu ihren Konsumplänen befragt. Ergebnis: Nur noch 5,6 Prozent der Verbraucher wollen künftig mehr online bestellen – so wenig wie seit fünf Jahren nicht. Die Zahl derer, die weniger Geld ausgeben wollen, ist von 26,6 Prozent im Vorjahresquartal auf nunmehr 24,8 Prozent gefallen. Immerhin bleibt die grosse Gruppe derjenigen stabil, die ihr aktuelles, wenn auch schwaches Kaufverhalten beibehalten wollen (56,9 %). Entsprechend schwer fällt es den Händlern, auch durch starke Angebote Kunden zum Kauf zu bewegen. Nicht einmal jeder vierte Händler, so eine bevh-Befragung im Juli, ist damit erfolgreich; im ersten Quartal war es noch jeder Dritte.