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Intelligente Kleidungsstücke, so genannte Wearables, gelten als der nächste große mobile Trend nach dem Smartphone-Boom. Für den Handel ist die neue Technologie gleich doppelt interessant.
Smartuhren, Datenbrillen, Fitnessarmbänder oder Schrittzähler in der Schuhsohle: Durch Mini-Computer, die in Kleidung integriert werden, rückt die digitale Datentechnik inzwischen hautnah an den Körper heran. Laut der Studie „Wearables: Nutzer und Nutzungspläne“ der Marktforscher von Fittkau & Maaß besitzen zwar erst sechs Prozent der deutschen Internetnutzer ein Wearable, wie die Elektronik zum Anziehen genannt wird. Doch ihre Verbreitung wird nach Ansicht von Experten in den nächsten Jahren stark zunehmen. So prognostizieren etwa die Marktanalysten von International Data Corporation, dass sich die Zahl der weltweit ausgelieferten Wearables bis 2019 auf rund 156 Millionen Geräte mehr als verdoppeln wird. Auch für den deutschen Markt zeichnet sich ein deutlicher Zuwachs ab. „Schon heute planen 16 Prozent der Internetnutzer konkret die Anschaffung eines oder mehrerer Wearables“, sagt Saskia Müller, Leiterin der E-Commerce Messe Internet World.
Potenzial für den Einkauf
Aktuell verwenden Wearable-Nutzer ihre Geräte vor allem zum Messen und Auswerten von Gesundheits- und Fitnessdaten sowie als Navigations- und Kommunikationsgerät, wie die Wearable-Studie zeigt. Doch auch als Einkaufsbegleiter erscheinen die Geräte attraktiv: Mehr als jeder dritte Wearable-Besitzer möchte sein Gerät zum Einkaufen oder zur Information über Schlussverkäufe und Sonderangebote einsetzen. Bei den Verbrauchern, die den Kauf eines Wearables planen, wollen je nach Gerät sogar bis zu fünfzig Prozent der Befragten Smartuhr, Datenbrille oder Fitnessarmband für mobiles Shopping verwenden.
Für den Handel ergeben sich daraus interessante E-Commerce-Strategien. Die intelligenten Kleidungsstücke könnten in Zukunft etwa die Funktion des Smartphones als Verkaufs- und Informationskanal übernehmen. Anders als beim Smartphone lassen sich jedoch virtuelle Einkaufserlebnisse in einer völlig neuen Dimension schaffen. „Die Touristik-Branche testet diese Anwendungen bereits“, erklärt Saskia Müller. „Konsumenten, die sich etwa für eine Kreuzfahrt interessieren, können sich mit einer Datenbrille vorab ein detailliertes Bild des Schiffes oder sogar ganzer Orte machen.“
Maßgeschneiderte Angebote
Die Nutzung von Wearables bietet zudem erhebliches Optimierungspotenzial für die Kundenkommunikation. Mit ihrer Hilfe lassen sich etwa genauere Kundenprofile gewinnen – eine Anwendungsmöglichkeit, von der auch der stationäre Handel profitiert. Da die Mini-Computer oft den ganzen Tag am Körper getragen werden, zeichnen sie eine Fülle von Daten auf, die viel über das Verhalten und die Präferenzen von Kunden verraten. „Uhren tracken etwa Berührungen oder Brillen scannen Dinge, die man sich ansieht“, sagt Internet-Expertin Müller. Wer diese Daten richtig nutze, könne für Kunden individuelle, maßgeschneiderte Angebote entwickeln, die eine deutlich höhere Response-Quote als Massenwerbung erzielen.
Klare Datenstrategie erforderlich
Voraussetzung für dieses Big-Data-Marketing ist eine klare Datenstrategie der Unternehmen. „Nur wer die Geräte sinnvoll mit Daten füttern kann, bleibt im Geschäft“, sagt Müller. „Dafür müssen sie jedoch in eine Struktur gebracht werden.“ Für den Handel bedeutet das möglichst rasch entsprechende Systeme zu schaffen, die Daten nicht nur sammeln, sondern auch sinnvoll miteinander verknüpfen, natürlich unter Beachtung der Bestimmungen zum Datenschutz.