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Von lästig bis lebensgefährlich: Wenn Produkte Mängel aufweisen, drohen finanzieller Schaden und massiver Vertrauensverlust. Ein neuer Service der MARKANT hilft, die Risiken zu minimieren.
Eine elektrische Haarbürste entwickelt am Griff über 120 Grad Hitze. In einer Puppe namens «Cayla» sind Mikrophon und Sender eingebaut, sie gilt als verbotene sendefähige Anlage. Diese und viele weitere Geräte hat die Marktüberwachung der Bundesnetzagentur 2016 gesperrt. Insgesamt waren es über eine Million Produkte – nahezu doppelt so viele wie noch im Jahr 2014. Gleichermassen unter Beobachtung wie elektronische Geräte stehen Lebensmittel und Kosmetika. Überwacht werden diese Artikel von verschiedenen Institutionen. Zum Beispiel ist das «Lebensmittel-Monitoring» ein gemeinsam von Bund und Ländern seit 1995 durchgeführtes systematisches Mess- und Beobachtungsprogramm, das (seit 2010 auch kosmetische) Artikel untersucht. Ergebnis für das Jahr 2015: Knapp 380 000 Proben wurden genommen, bei 12,3 Prozent davon, also in rund 46 800 Fällen, wurden Verstösse festgestellt. Dabei handelt es sich um mikrobiologische oder sonstige Verunreinigungen, aber auch um Mängel bei der Zusammensetzung der Inhaltsstoffe und bei der Kennzeichnung.
Keine flächendeckende Kontrolle
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlicht ausserdem Jahresberichte zur Lebensmittelsicherheit. Sie dokumentieren die Kontrollaktivitäten der für die Lebensmittelüberwachung zuständigen 16 Bundesländer. Dabei geht es auch um die Überschreitung von Höchst- und Grenzwerten. Ein Beispiel aus dem Bericht für 2015: In einer von 163 untersuchten Proben von tiefgefrorenen Beerenfrüchten wurden Noro-Viren nachgewiesen. Solche recht niedrigen Quoten wirken auf den ersten Blick beruhigend, und die zuständigen Landesämter sehen in beiden Fällen keinen Grund, ihre Überwachung zu intensivieren. Aber: Dass staatliche Stellen weit davon entfernt sind, eine flächendeckende Kontrolle zu gewährleisten, zeigten jüngst die massenhaften Hühnereier-Kontaminationen durch das Insektengift Fipronil.
Der Fall lieferte auch ein Beispiel dafür, wie schnell (und völlig zu Recht, sofern die Gesundheit von Menschen gefährdet wird) mangelhafte Produkte in den Fokus der breiten Öffentlichkeit rücken. Die Verbraucher reagieren sensibel auf Nachrichten über gefährliche oder gesundheitsgefährdende Artikel. Das zeigt eine aktuelle, repräsentative Befragung der SGS-Gruppe, eines der weltweit führenden Unternehmen in den Bereichen Prüfen, Testen, Verifizieren und Zertifizieren. Danach haben schon viele Verbraucher negative Erfahrungen gemacht: 29 Prozent der 1000 Befragten waren von einer Rückrufaktion betroffen oder haben bei der Verwendung eines Produktes einen gesundheitlichen Schaden erlitten.
Geldverlust bei mangelnder Produktsicherheit
Auf Mängel und Gefahren antworten die Konsumenten, indem sie das Produkt umtauschen (57 %), ihren Bekannten oder in Internet-Foren über die schlechten Erfahrungen berichten (51 %) und/oder künftig keine Produkte des Herstellers mehr kaufen (50 %). Doch nicht nur Hersteller, auch Händler werden in die Haftung genommen. Jeder Zweite erwartet vom Händler, dass er Massnahmen für die Produktsicherheit seines Sortiments ergreift. «In der Wahrnehmung der Kunden werden speziell Baumärkte sowie Lebensmittelgeschäfte und Elektronikhändler für die Qualität der angebotenen Ware mit in die Verantwortung genommen », sagt Stefan Steinhardt, Managing Director der SGS-Gruppe Deutschland. Der schleichenden Bedrohung durch Sicherheitsmängel sind also alle Beteiligten der Produktions- und Lieferkette ausgesetzt. «Wer an Produktsicherheit spart, verliert Geld und Reputation», warnt Steinhardt.
Produktrückruf kostet mehrere Millionen Euro
Das gilt insbesondere, wenn ein Artikel vom Markt genommen werden muss. Laut Steinhardt kostet ein Produkt-Rückruf im Schnitt rund sechs Millionen Euro. Langfristig noch gravierender kann sich auswirken, dass Verbraucher dadurch ihr Vertrauen in den Hersteller oder den Händler verlieren. Gute Gründe also, diesen Gefahren entgegenzutreten. Die Verantwortung dafür liegt beim einzelnen Unternehmen, das über ein internes Product-Risk-Management nicht nur die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften gewährleisten, sondern möglichst auch darüber hinausgehende Sicherheitsrisiken abdecken muss. Ein zweiter Ansatz sind branchenübergreifende, privatwirtschaftlich organisierte Beobachtungs- und Meldesysteme mit dem Zweck, Sicherheitsmängel bei schon im Markt kursierenden Produkten sehr frühzeitig zu identifizieren. Solche so genannten Vigilanz-Systeme sind bei Arzneien, Medizinprodukten und Kosmetika per EU-Recht vorgeschrieben – nicht jedoch für die anderen Handelssortimente.
MARKANT baut Vigilanz-System auf
In Eigeninitiative baut die MARKANT ein Vigilanz-System für alle von den MARKANT Partnerunternehmen gehandelten und hergestellten Produkte auf. Die MARKANT arbeitet dazu mit der AGU, Beratungsgesellschaft für Umwelt-und Qualitätsmanagement, zusammen. Die Experten der AGU haben ein Handbuch sowie eine Software entwickelt, die in den Betrieben installiert werden soll. In welchem Markt, an welchem Point of Sale auch immer dann ein Reklamations- oder Gefährdungsfall auftaucht – mithilfe der Software können der Informationsaustausch automatisiert und die Reaktion aller Betroffenen initiiert und koordiniert werden. «Das System ermöglicht Handlungsfähigkeit in Echtzeit, um Schäden abzuwehren», erklärt Marcus Schweier, Prokurist der AGU. In einem weiteren Schritt wird ausserdem ein Vigilanz-Internet-Monitoring-System (VIMS) aufgebaut. Als künstliche Intelligenz recherchiert diese Anwendung im Internet nach Hinweisen zu Produktmängeln und nach Produktrückrufen, ausserdem werden relevante Kundenbewertungen in den sozialen Medien identifiziert und ausgewertet. Über die Produkt-Informationsplattform www.one-globe.info der MARKANT können sich MARKANT Partnerunternehmen dann über die Ergebnisse dieser Recherchen informieren.