Zwischen Trend und Tradition

Montag, 30. Januar 2017
Foto: Masterfile

Wurst spielt in der deutschen Kultur eine große Rolle. Durch eine veränderte Ernährung essen die Deutschen heute aber weniger davon. Um dem zu entgegnen, muss sich die Wurst neu erfinden.

Dass zum täglich Brot auch die Wurst gehört, galt in Deutschland lange als alternativlos. Heute ist der Markt im besten Wortsinn gesättigt und die Wurst hat, etwa durch pflanzliche Fleischersatzprodukte, mächtig Konkurrenz bekommen – nicht zuletzt durch den „Tabubruch“ mancher Wurstproduzenten, die sich mit eigener Pflanzen-Wurst einen Teil des boomenden Veggie-Geschäfts sichern wollen. Kein Wunder also, dass der Pro-Kopf-Verzehr von Wurst nach Angaben des Deutschen Fleischer-Verbands seit Jahren leicht, aber kontinuierlich sinkt.

Rund 1.500 Wurstsorten auf dem Markt

Trotzdem: Deutschland bleibt ein Wurstland. Die Hersteller haben die Herausforderung angenommen und wollen mit vielfältigen Konzepten neue Impulse setzen. Laut des Deutschen Fleischer-Verbands sind aktuell rund 1.500 verschiedene Wurstsorten auf dem Markt. Damit zeigt er sich ausgesprochen vielfältig und innovationsstark. Laut einer Studie des Kollagendarm-Herstellers Devro kamen allein im Jahr 2015 in Deutschland 231 neue Wurstsorten auf den Markt – so viele wie in keinem anderen Land der Welt.

Innovationen als Spiegel der Gesellschaft

Die Gründe für diesen starken Innovationsschub erklärt Klaus Ahrens, Geschäftsführer Marketing und Produktentwicklung bei Reinert: „Innovationen sind seit jeher Wachstumstreiber im Handel. Sie sind zudem auch immer ein Spiegel gesellschaftlicher Trends, die sich im Konsumverhalten ausdrücken. Unser Ziel ist es, diese aktuellen Bedürfnisse früh zu erkennen und ein entsprechendes Angebot bereitzustellen.“

Premium ist angesagt

Wie sich moderne Konsumentenbedürfnisse in innovative Produkte übersetzen lassen, zeigt die Trendabfrage bei den Herstellern. Klaus Ahrens von Reinert beobachtet etwa eine „deutlich spürbare“ Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Premium- und Spezialitäten-Produkten, etwa italienischen Spezialitäten von Rovagnati, Italiens Kochschinken-Hersteller Nummer 1, oder Trüffel-Salami. „Verbraucher genießen bewusster und fragen nach besonderen Qualitäten. Wir sehen hier einen Zusammenhang mit dem Trend selber zu kochen und sich von Koch-Shows mit aufwendigen und raffinierten Gerichten inspirieren zu lassen.“ Zudem stünden fettreduzierte und extra magere Varianten, wie die um 30 Prozent fettreduzierte „Sportsalami“ des Unternehmens, hoch im Kurs: „Hier gibt es noch viel Potenzial“.

Flexitarier als Zielgruppe interessant

Auch Nischen sind für die Hersteller interessant. So werden zunehmend laktose- und glutenfreie sowie halale oder koschere Produkte angeboten. Mit Bio-Qualität und nachhaltiger Erzeugung - Stichwort Tierwohl –  wollen die Hersteller dagegen verlorenes Terrain zurückerobern. Viele der sogenannten Flexitarier verzichten nämlich aus ökologischen oder moralischen Gründen auf Fleisch. So hat sich etwa Bell durch die Übernahme der auf die Produktion von hochwertigen Geflügelprodukten spezialisierten Huber-Gruppe „den Zugang zu Bio-Geflügelfleisch aus eigener Herstellung gesichert“. Damit sollen die nachgefragtesten ZIMBO-Produkte in den Segmenten Pökelware, Brühwurst und Rohwurst künftig auch in Bio-Geflügel-Qualität erhältlich sein.

Innovative Verpackungen setzen Impulse

Die Megatrends Convenience und To-go greift die Branche vor allem mit innovativen Verpackungskonzepten auf. „Der Verzehr unterwegs ist weiterhin ein großes Thema“, sagt Lothar Bentlage, Geschäftsleiter Vertrieb bei Rügenwalder Mühle. „Hier sind Produkte wichtig, die sich ohne großen Aufwand transportieren lassen.“ So bietet das Unternehmen Würstchen im Becher an, die ohne Wurstwasser verpackt sind. Zudem bietet der Hersteller Teewurst im Becher an, bei deren Verzehr im Gegensatz zur klassischen Variante die Hände sauber bleiben sollen.

Ansprache der Singlehaushalte

Impulse durch innovative Verpackungen setzt auch Bell: „Moderne Verpackungskonzepte erhöhen den Premiumanspruch der Produkte und gehen auch auf kleine Verzehrmengen ein“, erklärt Stephan Holst, Bereichsleiter Marketing / Kommunikation bei Bell Deutschland. Der Hersteller folge dieser Entwicklung „zum einem mit einer Faltpackung, die den Trend zu kleineren Haushalten aufgreift, zum anderen mit einem Ovaltray für eine geschmackvolle Produktpräsentation.“

Traditionsprodukte nach wie vor beliebt

Doch ob im Becher, als fettarme Variante oder in Bio-Qualität: An den Geschmacksvorlieben der Deutschen rütteln die meisten Innovationen nicht. Aus gutem Grund, denn vor allem mit regionalen Wurstsorten sind viele Konsumenten emotional eng verbunden. „Traditionelle Wurstwaren spielen nach wie vor eine große Rolle“, sagt etwa Klaus Ahrens von Reinert. „Verbraucher suchen nach Authentizität und Regionalität und halten an vertrauten Marken fest.“ Auch Rügenwalder Mühle sieht traditionelle Sorten weiter als „Garanten für stabile Umsätze“. Auf der Produktebene beobachte der Hersteller jedoch eine „leichte und langsame Verschiebung von Artikeln wie der Teewurst oder Pommerschen Gutsleberwurst hin zu leichteren Produkten wie dem Mühlen Schinken.“

Wurstwaren haben Zukunft

Und wie geht es in Zukunft weiter? Hier geben sich die Hersteller optimistisch. „Wurstwaren liefern B-Vitamine, Mineralstoffe und Eisen und haben so einen sinnvollen Platz in einer ausgewogenen Ernährung“, sagt etwa Klaus Ahrens von Reinert. Lothar Bentlage von Rügenwalder ergänzt: „Wurst ist einfach ein leckeres Lebensmittel, das viele Verbraucher schon seit Kindertagen kennen und schätzen. Klassische Wurst wird daher auch weiterhin ihren Platz finden.“

News

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Interview

Lothar Bentlage, Geschäftsleitung Vertrieb bei Rügenwalder Mühle, erklärt welchen Nutzen Siegel auf der Verpackung von Wurstwaren bringen.

Herr Bentlage, welche Siegel sind auf den Verpackungen Ihrer Produkte zu finden?
Auf unseren Packungen findet sich ein Siegel vom SGS Institut Fresenius. Alle fleischhaltigen Produkte der Rügenwalder Mühle werden nach dem Prinzip „4 x ohne“ hergestellt: Ohne Zusatz von Geschmacksverstärkern, ohne Farbstoffe und ohne Gluten oder Laktose. Das können die Verbraucher mit einem Blick auf das Siegel erkennen. Dieses dient somit als wichtige Orientierung für die Kunden, die immer mehr auf Inhaltsstoffe und Zutatenlisten achten.

Es gibt mittlerweile ja sehr viele Siegel: Welche sind aus Ihrer Sicht für Kunden besonders wichtig?
Für viele Kunden zählen vor allem die Qualität und die Inhaltsstoffe eines Produktes, daher sind diese Siegel auch besonders wichtig. Zusätzlich müssen die Siegel aber natürlich bereits etabliert und bekannt sein, der Verbraucher muss auf den ersten Blick erkennen können, was er von dem Produkt zu erwarten hat. Das ist beim SGS Institut Fresenius der Fall. Auch die Herkunft und Nachhaltigkeit eines Produktes spielen für Verbraucher eine immer größere Rolle. Die Rügenwalder Mühle wird deshalb ab März im Zuge eines Verpackungsrelaunches auf den Packungen auch auf Nachhaltigkeitskriterien wie etwa die Verwendung von Ökostrom hinweisen.

Besteht dabei nicht die Gefahr, Kunden mit zu vielen Siegeln zu verwirren?
Wichtig ist, dass die Verpackung übersichtlich und „aufgeräumt“ bleibt, was eher der Fall ist, wenn nur wenige Siegel verwendet werden.

Wie unterstützen Sie Kunden, die wissen wollen, was hinter dem Siegel steckt?
Wir haben auf unserer Webseite einen eigenen Bereich für unsere Produktansprüche eingerichtet, wo wir auch auf das Thema „4 x ohne“ eingehen und auf die Webseite des SGS Instituts Fresenius verlinken. So können sich die Verbraucher jederzeit genauer über das Siegel informieren. Auf Rückfrage erläutern wir unseren Kunden auch gerne am Verbrauchertelefon oder schriftlich die Kriterien des Siegels.

 

Tipps

Wie sich Wurstwaren im LEH besser verkaufen lassen. Die Empfehlungen der Markenartikler:

  • Wichtig für den Handel ist ein professionelles und stimmiges Vermarktungskonzept, heißt es bei Rügenwalder Mühle. Die Basis bildet ein individuell gestaltetes Sortiment aus Marken und Handels-Eigenmarken, das durch Inserate und weitere Werbemaßnahmen gestützt wird. Gezielt eingesetzte TV-Spots erzeugen weitreichende Aufmerksamkeit und rücken das Wurstsortiment verstärkt in den Fokus. Ein solches Konzept sollte auch immer durch entsprechende hochwertige Analysen begleitet werden, denn die Aspekte Potenzialgewinnung und Wertschöpfung sollten Händler nicht aus den Augen verlieren.
  • Reinert empfiehlt, die Ware mit moderner Lichtgestaltung attraktiv für die Verbraucher zu präsentieren. Rotes Licht lässt Wurstwaren zum Beispiel in der Theke appetitlicher erscheinen. Je nach Jahreszeit können auch mit Dekorationen, etwa festlichen Tabletts zu Ostern oder Weihnachten, Kaufimpulse geschaffen werden. Die parallele Bewerbung über POS-Material wie Handzettel, Aufsteller oder Plakate ergänzt die Impulsplatzierung im Markt.
  • Konkrete Tipps für die Platzierung von Rohschinken gibt Bell: Rohschinken ist ein Dauer-Listungsartikel, der durch Impulse belebt werden kann. Der Hersteller unterstützt den Handel mit POS-Aktionen und bietet zu saisonalen Trends eigene Platzierungskonzepte als direkte Verkaufsförderung an. Für die Spargelzeit liefert Bell Deutschland das komplette Equipment wie Kühltresen, Waage und Aufschnittmaschine. Geschulte Verkäuferinnen verkaufen den Schinken dann nach Kundenwunsch.

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