Foto: Netto
Moderne Supermarktkonzepte haben sich zum Erfolgsmodell im Wettbewerb der LEH-Betriebsformen entwickelt. Inzwischen werden sie auch zum Vorbild für neue Discount-Strategien.
Ob Schokolade, hochwertige Frischeprodukte, regionale Erzeugnisse, Café to go oder Superpremium-Whiskey: Wenn es um die gesundheitsbewusste, genussvolle und nachhaltige Ernährung geht, vereint der Lebensmittelhandel nahezu alles unter einem Dach. Und bietet noch viel darüber hinaus: zusätzliche Dienstleistungen, attraktives Einkaufsambiente und Online-Services. Damit punkten die Händler erfolgreich beim Kunden. Im Fokus stehen im neuesten EHI-Kompendium «handelsdaten aktuell 2019» die Supermärkte mit ihren Erfolgsstrategien.
Die Deutschen lieben ihre Supermärkte: Moderne Vollsortimenter tragen heute in erheblichem Umfang dazu bei, die vielfältigen Ansprüche und Erwartungen der Verbraucher zu erfüllen. Die Betreiber haben offenbar die richtigen Stellschrauben gedreht, um ihr Umsatzwachstum zu steigern. Sie legen verstärkt Wert auf Frische, Premiumangebote, regionale/lokale Produkte und grössere Kundennähe. Zudem überzeugen sie zunehmend mit diversen Gastronomieangeboten. Der Kunde wird zum Gast, der Markt zu einem beliebten Aufenthaltsort, und den Händlern gelingt es so immer besser, steigende Umsätze im Ausser-Haus-Verzehr auch in ihre Kassen zu lenken.
Stationärer Einkauf wächst
Die Investitionsbereitschaft bleibt im Ladenbau (einschl. Beleuchtung) unverändert hoch, denn der Lebensmittelhandel findet nach wie vor in erster Linie stationär statt. Die Händler setzen darauf, dass Kunden auch zukünftig ihre Lebensmittel in modernen und gut erreichbaren Geschäften kaufen möchten, die Beratung und Sortimentskompetenz bieten können. Mit der Neuausrichtung ihrer Läden haben die Supermärkte auch auf das Onlinegeschäft mit Lebensmitteln und die wachsende Konkurrenz aus dem Netz reagiert. Zwar bestellen die Deutschen ihre Lebensmittel bisher eher selten online – der Anteil der Lebensmittel am gesamten E-Commerce-Umsätz liegt laut EHI noch im niedrigen einstelligen Bereich. Doch der Handel bereitet sich vor – durch den Auf- oder Ausbau des eigenen Onlineshops oder über Beteiligungen an externen Online-Playern.
Mit stabilen Wachstumszahlen von knapp vier Prozent im letzten Jahr sind die Supermärkte inzwischen zum Vorbild auch für Discount-Strategien im Lebensmittelhandel geworden. Denn das Discount-Umsatzwachstum fällt mit einem Plus von 2,2 Prozent auf 73,9 Milliarden Euro deutlich schwächer aus als das der Supermärkte. Ihre Filialanzahl ist in den letzten beiden Jahren sogar ein wenig gesunken, nämlich von 16.162 auf 15.990 Filialen; die Verkaufsfläche ist mit 12,6 Millionen Quadratmetern gleich geblieben.
Discounter auf den Fersen
Um den gestiegenen Ansprüchen der deutschen Kunden zu entsprechen und die eigene Wettbewerbsfähigkeit wieder zu stärken, investieren Discounter daher ebenfalls in ihr äusseres Erscheinungsbild, bauen ihre Sortimente aus, besonders in Frischeabteilungen und Convenience, rüsten technologisch auf, um moderne bargeldlose Zahlvorgänge zu ermöglichen, und bieten neue Services an wie den Kaffeeautomaten oder die Kundentoilette – «sie nähern sich damit dem Erfolgskonzept der Supermärkte an», unterstreicht EHI-Geschäftsführer Michael Gerling. Es bleibt abzuwarten, ob diese neuen Discountstrategien Früchte tragen. Im Moment wird damit im Unterschied zu den Supermärkten noch kein weiteres Wachstum generiert.
Der Wettbewerb der Vertriebsschienen untereinander im deutschen LEH ist aus Sicht des EHI von einer grossen Dynamik geprägt, die deutschen Supermarktkonzepte gelten dabei inzwischen weltweit als führend. Allerdings sei die hiesige Handelsstruktur auch nicht wirklich vergleichbar mit derjenigen in der Schweiz oder Österreich. In Deutschland gebe es im Unterschied zu den Nachbarländern einen bunteren und stärker herausfordernden Wettbewerb aus grossen Genossenschaften, Discountern und vielen Supermärkten, sowohl als Regiebetriebe wie auch als – besonders erfolgreich – von selbständigen Kaufleuten geführt. Die Handelsstruktur in der Schweiz und in Österreich unterscheide sich davon deutlich, vor allem mit Blick auf die Bedeutung der Discounter.