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Mit Künstlicher Intelligenz (KI) kann aus dem Blick in die Glaskugel eine zuverlässige Prognose werden – auch in vielen operativen Bereichen des Handels. Den Stand der Dinge fasst eine EHI-Studie zusammen.
Weder der Handel noch die Kundschaft mögen sie – Regallücken. Deshalb versuchen Händler seit langem, diese mit immer weiter entwickelten Planungswerkzeugen zu vermeiden. Mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) konnten diese Bemühungen auf ein neues Erfolgslevel gehoben werden. Kein Wunder also, dass die häufigste Anwendung von KI im Handel die Erstellung von Absatzprognosen ist. Das zeigt das Whitepaper «KI in der Supply Chain» des EHI Retail Institutes. Aber auch einige andere KI-Prognosen sind «äusserst hilfreich», und einige Handelsunternehmen nutzen sie bereits. «Da ist aber noch reichlich Luft nach oben», sagt Thomas Kempcke, Logistik-Experte und Autor der Studie.
KI gehört kurz- und mittelfristig zu den zentralen Erfolgsfaktoren im Supply-Chain-Management (SCM), da ist sich der Handel ziemlich sicher. 76 Prozent der Unternehmen bewerten die digitale Technologie als wichtig. Auf die Frage nach dem tatsächlichen Interesse ihres Unternehmens an der Implementierung von KI geben 68 Prozent der Befragten grosses oder potenzielles Interesse an, nur 32 Prozent äussern hingegen ein neutrales oder geringes Interesse.
Noch ganz am Anfang
Die tatsächliche Umsetzung von KI im Supply-Chain-Management befindet sich allerdings noch ganz am Anfang. Die häufigste Anwendung, die Erstellung von Absatzprognosen, ist bei 16,7 Prozent der Studienteilnehmer bereits erfolgreich umgesetzt, gefolgt von Kampagnenprognosen (9,1 %), Bestandsmanagement (8 %) und Warenfluss-Glättung (8 %). Alle übrigen Möglichkeiten bleiben unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Gar nicht angewendet werden in den befragten Unternehmen in der DACH-Region zum Beispiel sogenannte Markdown-Optimierungen (Optimierung von Rabattaktionen) oder Wetterprognosen für die Filialbelieferungen. Eine Markdown-Software bestimmt Preiselastizitäten durch das Anwenden von Machine-Learning. Dafür werden Daten aus vergangenen Kampagnen und Preisänderungen für ein gewähltes Produkt oder eine Produktkategorie herangezogen. Wetterbasierte Prognosemodelle verwenden einen Machine-Learning-Algorithmus, um den Zusammenhang zwischen Wetter und Nachfrage bestimmter Produkte abzubilden. Auch die Platzierungsplanung in den Filialen unter Berücksichtigung der Belieferungsfrequenz steht im Handel erst am Anfang. Mehr als 70 Prozent der befragten Unternehmen haben diese noch nicht erfolgreich umgesetzt.
Hürden bei der Einführung
Die grössten wirtschaftlichen Effekte sieht der Handel in zwei Bereichen: 80 Prozent rechnen mit positiven Auswirkungen bei der Warenverfügbarkeit und 76 Prozent bei der Bestandsoptimierung. Aber auch die Erhöhung der Lieferzuverlässigkeit wird von 52 Prozent als besonders wichtig eingestuft. Geringere Effekte sehen die Verantwortlichen bei physischen Abläufen wie Filialprozessen, Durchlaufzeiten oder Handlingskosten. Die häufigsten genannten Gründe gegen die Einführung KI-getriebener Systeme sind der Mangel an qualifizierten Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt (86 %) und die Investitionskosten (76 %). 68 Prozent befürchten aber auch, nicht genügend Akzeptanz bei ihren Mitarbeitern vorzufinden, weil diese KI als Bedrohung ihres Arbeitsplatzes sehen. «Die Einführung entsprechender Systeme muss gut geplant sein und mit einem durchdachten Change-Management einhergehen», betonen die Autoren der Studie.