Ausbildung

Freitag, 04. April 2014
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Das viel gelobte deutsche Ausbildungssystem zeigt Risse. Jeder vierte Arbeitgeber ist unzufrieden mit Leistung und Fähigkeiten von Berufsanfängern. Und nur jeder dritte Azubi würde sich noch einmal für die gewählte Ausbildung entscheiden.

Das belegt eine Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey. Fazit der Studie: Das System der Berufsinformation und -beratung garantiert nicht, dass junge Menschen die Ausbildung wählen, die tatsächlich die beste für sie ist. Und: Der Austausch zwischen Arbeitgebern und Bildungseinrichtungen über die Anforderungen an Berufsanfänger funktioniert nicht optimal.

Befragt zu den Ursachen der Ausbildungsmisere, erklärt Wilfried Malcher, Geschäftsführer Bildung und Ausbildung beim Handelsverband Deutschland (HDE): Dort, wo Defizite in der vorberuflichen Qualifizierung zu verzeichnen seien, liege es zumeist an Aspekten, die die Betriebe kaum beeinflussen könnten, etwa schlechte Leistungen in der Schule oder Defizite im  Erziehungsprozess. Lediglich bei der Information über Anforderungen und Entwicklungschancen im jeweiligen Beruf könnten die Betriebe helfen, realistische Einschätzungen von potentiellen Ausbildungsbewerbern zu befördern.

Offenbar mit mäßigem Erfolg, wie die McKinsey-Studie belegt: Zwei Drittel der befragten jungen Menschen gaben an, sich falsch oder unzureichend informiert zu fühlen, was ihre spätere Berufswahl betrifft. Jeder vierte Ausbildungsvertrag wird vorzeitig gelöst.

Weil das Bildungssystem junge Menschen nicht optimal auf die Anforderungen der Berufswelt vorbereitet, spendieren immer mehr Unternehmen ihren Azubis zusätzliche Seminare - etwa an der Bundesfachschule des Lebensmittelhandels in Neuwied. Über die gesamte Ausbildungsdauer kommen da 40 bis 50 Seminartage zusammen, wofür die Betriebe pro Azubi bis zu 20.000 Euro in die Hand nehmen, so Thorsten Fuchs, Direktor der food akademie Neuwied. Daneben bemüht  sich auch die Initiative zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen, kurz VerA (siehe Info rechts) darum, die Unzulänglichkeiten des Bildungs- und Erziehungssystems zu korrigieren. Sie wurde vom Senior Experten Service (SES) ins Leben gerufen. Laut SES wird jeder fünfte Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst, oft bereits im ersten Ausbildungsjahr.

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VerA heißt Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen und ist eine Initiative des Senior Experten Service (SES).

VerA hilft jungen Berufsanfängern, die nicht klar kommen mit den Anforderungen der Berufswelt. Bundesweit sind rund 3000 Fachleute im Ruhestand ehrenamtlich für VerA im Einsatz. Jeder Ausbildungs-begleiter unterstützt in der Regel einen Auszubildenden bei theoretischen oder berufspraktischen Fragen, bei der Prüfungsvor-bereitung, beim Ausgleich sprachlicher Defizite und vor allem bei der Stärkung seiner sozialen Kompetenz.  

Als lebens- und berufserfahrene Vertrauensleute geben die Senior-Experten Jugendlichen Halt und Orientierung, wenn es in der Ausbildung nicht rund läuft. Es handelt sich hierbei nicht um ein klassisches Nachhilfeprogramm.  Der Senior-Experte fungiert in erster Linie als persönlicher Ansprechpartner. Gemeinsam wird daran gearbeitet, motiviert die Ausbildung fortzusetzen, Interessen für einen Beruf zu bestärken, einen Plan aufzustellen, wie man sich neu strukturiert, Lerntechniken anzuwenden oder Hilfen zu beantragen.  

Die Senior-Experten werden in einem Seminar auf ihre Tätigkeit als VerA-Ausbildungsbegleiter vorbereitet. Sie unterstützen junge Berufsanfänger in der Nähe ihres Wohnortes und treffen sich ein- bis zweimal pro Woche. Die Begleitung kann über die gesamte Dauer der Ausbildung laufen. Gefördert werden SES und VerA vom Bundesministerium für Forschung und Bildung.

Weitere Infos unter: www.vera.ses-bonn.de
 

 

Interview

Ein Viertel der deutschen Arbeitgeber sind laut einer McKinsey-Studie unzufrieden mit dem Nachwuchs. Wilfried Malcher, Geschäftsführer Bildung und Berufsbildung  Handelsverband Deutschland (HDE), zu  Ursachen und möglichen Lösungsansätzen.

Herr Malcher, wo sehen Sie die Ursachen für Defizite in der Qualifizierung  junger Berufsanfänger?
Dort, wo Defizite in der vorberuflichen Qualifizierung zu verzeichnen sind, liegt es zumeist an Aspekten, die die Betriebe kaum beeinflussen können, zum Beispiel schlechte Leistungen in der Schule, Defizite im Erziehungsprozess. Lediglich bei der Information über Anforderungen und Entwicklungschancen im jeweiligen Beruf können die Betriebe helfen, realistische Einschätzungen bei potentiellen Ausbildungsbewerbern zu befördern. 

Wie können Unternehmen Auszubildenden mit Problemen begegnen?
Sie sollten im Regelfall und wann immer möglich Unterstützung anbieten, wobei natürlich die jeweilige Problemursache zu berücksichtigen ist. Daher kann es auch kein Patentrezept geben. Beispiele für Unterstützung sind ausbildungsbegleitende Hilfen (abH), die von den Arbeitsagenturen gefördert werden in gewissem Rahmen so eine Art Nachhilfeunterricht lösungsorientierte Gespräche mit dem Ausbilder intensive Unterstützung bei der praktischen Ausbildung Gespräche zwischen Ausbilder und Berufsschullehrer oder Eltern. Manchmal bleibt nach vielen anderen Versuchen auch nur der Weg über die Vertragsauflösung.

Wo sehen Sie Ansätze für eine langfristige Verbesserung der Nachwuchsqualifizierung?
Hierzu nur einige Stichworte: mehr frühkindliche Bildung, mehr Ganztags-Kita, mehr Ganztagsschule, kleinere Klassen, individuellere Förderung im Lernprozess, mehr Stellenwert für Bildung im Ansehen der gesamten Gesellschaft, gut qualifizierte Lehrer und Ausbilder, Stärkung einer Kultur für Aus- und Weiterbildung – auch in Betrieben, Verbesserungen bei der Durchlässigkeit im Bildungssystem, Umorientierung von berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen in Richtung Betrieb.