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Das aktuelle Shopperverhalten verändert die Spirituosenwelt nachhaltig. Dem Handel bieten sich dadurch neue Chancen, die es zu nutzen gilt.
Der Bar Convent Berlin (14.–16.10.2024) ist die führende Fachmesse für die Bar- und Getränkeindustrie. Barbesitzer, Bartender, Distributoren und Hersteller aus rund 90 Ländern treffen sich jedes Jahr dort, um sich auszutauschen. Welche Themen und Trends künftig eine wichtige Rolle spielen werden und wie der LEH diese am Point of Sale adaptieren kann, dazu informiert vorab das Markant Magazin ONE.
Heute ist der Aperitif eine der stilvollsten Arten ein gemeinsames Dinner zu eröffnen. Mit der Entstehung von Destillaten wie Wermut oder Absinth entstanden neue Aperitif-Arten, die sich bis heute als echte Klassiker gehalten haben. Und aktuell findet man in den klassischen Rezepten vielfach bitter schmeckende Liköre wie Campari oder Aperol, was auf die appetitanregende Wirkung kräuterhaltiger Getränke zurückgeht. «Der Aperitivo-Trend – das beliebte Ritual, den Abend mit Freunden einen leichten Drink einzuläuten – ist heute weiterhin sichtbar», sagt Nils Rieckmann, Head of Trade-Marketing bei Brown-Forman Deutschland. Fakt ist: Der «Before Dinner»-Drink ist aus der Bar- und Getränke-Szene nicht mehr wegzudenken und gehört zu einem der Top-Trends. Das liegt sicherlich auch am vielfältigen Angebot – die Bandbreite einen Aperitif zu mixen ist gross und reicht von Schaumweinen wie Champagner und Sekt über Wermut, Bitterspirituosen, Pastis und Ouzos bis hin zu Likören wie Limoncello. Welche Variante bei den Shoppern dabei hoch im Kurs steht, weiss Christoph Kirsch, Inhaber und Geschäftsführer von Kirsch Import: «Der Spritz ist nach wie vor ungebrochen stark und scheint noch stärker zu werden. Auch klassische und einfache Highballs beziehungsweise Longdrinks, sprich simple Mischungen aus einer Spirituose und einem Filler, gewinnen an Beliebtheit.»
Mix-Kreationen
Auch zeigt sich eine wachsende Beliebtheit für Longdrinks und Cocktails mit Rum und Tequila aus dem Super-Premium-Segment, so eine Beobachtung von Brown-Forman. «Hochwertige Rums wie «Botucal Planas» aus unserer Botucal-Rum-Markenfamilie oder unsere «Herradura Tequilas» sind neben dem puren Genuss auch ideal für einfache oder anspruchsvolle Mix-Kreationen geeignet.»
Low & No Alcohol
Auch massgeschneiderte Trinkerlebnisse spielen eine zunehmend grosse Rolle. Dazu bemerkt Holger Möller, Sales Director bei Pernod Ricard Deutschland: «Der Trend geht zu Low & No ABV Spirituosen sowie Flavours. Hier erwarten wir in den nächsten Jahren noch viele spannende Neuheiten.» Erst im Sommer hat das Unternehmen die Neuheit «Havana Club Mango» gelauncht, die auf den Flavoured-Rum-Trend einzahlt. Zudem seien Ready-to-Drink-Konzepte immer interessanter für die Shopper, da diese vielfältigen Geschmacksrichtungen bieten.
Auch Hardenberg-Wilthen erwartet die meisten Innovationen im Bereich «Low ABV/Alkoholfrei». «Gerade die Nachfrage nach alkoholfreien und Low-ABV-Getränken entwickelt sich dynamisch. Nicht nur ‹Mindful Drinking› ist im Trend. Immer mehr Menschen verzichten ganz auf Alkohol, was etablierte Anlässe wie ‹Dry January› oder ‹Sober October› zeigen», so Marketingleiterin Carolin Bendroth. So hat Hardenberg-Wilthen vor kurzem die alkoholfreie Gin-Alternative «Hardenberg Zero.Zero» gelauncht sowie das «Easip»-Sortiment überarbeitet und erweitert. Basis der alkoholfreien Destillate sind altbekannte regionale Kräuter, die mit ausgewählten Pflanzen aus der Ferne den Getränken einen komplexen und ausgewogenen Charakter verleihen.
Super-Premium
Auch im Segment Premixed-Longdrink sind viele Innovationen auf den Markt gekommen und diese Entwicklung wird sich auch weiter fortsetzen, davon ist Brown-Forman überzeugt. Innerhalb des Brown-Forman Premixed-Longdrink-Portfolios hat das Unternehmen mit «Gentleman Jack & Cola» erstmals einen Premixed-Longdrink im Super-Premium-Segment gelauncht. Innerhalb dieses wachstumsstarken Segments folgte als neue Variante im convenienten Dosenformat «Gentleman Jack Whiskey Sour».
Klassische Spirituosen
«Wir nehmen vermehrt wahr, dass verstärkt Wert auf klassische Spirituosen gelegt wird, im Gegensatz zu den eher verspielten Kreationen der letzten Jahre», so Philip Bachmüller, Geschäftsführer BLN Bio-Brennerei. Der Verbraucher von heute möchte genau wissen, was in seinem Getränk steckt, woher die Rohstoffe kommen und welche Werte ein Unternehmen vertritt. «Vollgestopfte Zucker-Mixgetränke verlieren an Beliebtheit. Wir merken das besonders bei unseren Obstbränden von unseren Streuobstwiesen: Was einst ein verstaubtes Image hatte, ist heute ein beliebter Hauptbestandteil in vielen neuen Cocktails.» Nach Ansicht der BLN Bio-Brennerei wird das Thema Regionalität auch in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Getränkeindustrie spielen. So werden Obstbrände eine grössere Rolle einnehmen und könnten den ein oder anderen Gin-Cocktail von der Karte verdrängen.
Neue Aromen
«Besonders bemerkenswert ist der Einsatz von Techniken aus der Parfümwelt, um neue und faszinierende Aromen zu kreieren», berichtet Patrick Seidel, Head of On-Trade & Luxury Germany bei Diageo. Bars experimentieren laut dem Hersteller zunehmend auch mit Fermentation und probiotischen Drinks wie der Lactofermentation, um interessante Geschmacksprofile zu entwickeln. «Zudem gewinnen Rotationsevaporatoren und Labortechniken, beispielsweise zur Extraktion von Holzgeschmäckern, an Bedeutung. Diese innovativen Ansätze ermöglichen es Bars, ihren Gästen aussergewöhnliche Geschmackserlebnisse zu bieten und sie auf eine spannende sensorische Reise mitzunehmen – genau danach suchen Gäste.»
In Küche und Kaffee hat das Thema «Fusion» bereits seit Jahren Relevanz und bietet einen hohen Mehrwert. Davon ist Diversa überzeugt: «Wahrscheinlich mit ein Grund, weshalb unser Fusion-Drink «Underberg Espresso Herbtini», der Kaffee und Kräuter convenient in einer kleinen Portionsgrösse als geschmackvolle Alternative zum frisch gemixten Espresso Martini zusammenbringt, so gut im Markt ankommt», so Tim Nentwig, Marketing Director bei der Diversa Spezialitäten GmbH.
Die Verwendung von haushaltsüblichen Zutaten würde in frisch zubereiteten Drinks immer beliebter. Dazu bemerkt Nentwig: «Wir achten in der Entwicklung unserer Signature-Drinks ganz bewusst darauf, dass der Gastronom die benötigten Zutaten einfach und national einkaufen kann. Gleiches gilt für die Replikation, wenn ich als Gast den Drink so inspirierend finde, dass ich ihn auch auf der Terrasse zu Hause nachmixen möchte.»
Wenn es um neue Aromen geht, gewinnen laut Diageo exotische Früchte wie Kalamansi und Yuzu das Interesse der Konsumenten. «Besonders hervorzuheben ist der anhaltende Trend zu frischen Zutaten wie Kurkuma und schwarzem Kardamom, der durch die wachsende Beliebtheit asiatischer Supermärkte angefeuert wird», sagt Patrick Seidel, Head of On-Trade & Luxury Germany bei Diageo. Zudem würden immer mehr Bars auf regionale Erzeugnisse aus lokalen Gewächshäusern setzen und mit exotischen Botanicals experimentieren. «Weitere Trends sind tiefbraune Drinks und Umami sowie erdige und gemüsige Aromen. Diese Entwicklungen zeigen, dass die Barwelt zunehmend offen für innovative Zutaten und Techniken ist, die über traditionelle Geschmacksprofile hinausgehen.»
Chancen für den POS
Nach Meinung der LACASCARA Drinks GmbH sollte der Handel Produktinnovationen fördern. «Es lohnt sich Newcomer zu unterstützen, denn Kunden interessieren sich für persönliche Produktgeschichten und neuartige Ideen. Und noch dazu lassen sich durch kreative Supermarkt-Konzepte auch Newcomer super in Szene setzen», sagt Lisah Dietrich, Co-Gründerin des Unternehmens.
Indessen gibt es für den LEH verschiedene Wege, die Bar-Trends an den POS zu holen: «Das A und O ist ein breites Sortimentsangebot, das insbesondere auch einen Fokus auf regionale Hersteller setzen sollte. Zudem können Verwendungs- beziehungsweise Mix-Anlässe aufgezeigt werden – beispielsweise durch Zweitplatzierungen mit Fillern, durch Tastings vor Ort, durch attraktive On-Packs oder das Angebot kostenloser Mixbroschüren», informiert Carolin Bendroth, Leitung Marketing bei der Hardenberg-Wilthen AG. So erhöhen stationäre Händler nicht nur Spontankäufer, sondern etablieren sich auch als Anbieter mit Expertise, die mit Getränkehändlern mithalten können.
