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Tierwohl, Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung sind die Hauptgründe, warum Verbraucher zu Veggie-Alternativen für Fleisch, Milch oder Käse greifen. Die pflanzenbasierten «Ersatz»-Produkte bieten dem Handel lukratives Wachstumspotenzial.
Wie attraktiv der Markt der veganen und vegetarischen Produkte ist, zeigt der Eintritt grosser Akteure. Von Nestlé («Garden Gourmet») über Unilever («The Vegetarian Butcher») und die Bel-Gruppe («Nurishh») bis hin zum Geflügelproduzenten Wiesenhof («Green Legend»): Sie alle sind inzwischen mit pflanzenbasierten Ranges im Handel vertreten. Die Konzerne reagieren damit auf die wachsende Nachfrage. Die meisten Käufer von pflanzlich basierten Ersatzprodukten sind Flexitarier. Ihr Anteil liegt in Deutschland, je nach Studie, zwischen 30 und 55 Prozent. Dieses Potenzial machte es für Bel zum «logischen Schritt, die Marke ‹Nurishh› fest in die Gruppenstrategie zu integrieren und die Produktpalette 2021 über die traditionellen Käse-Produkte hinaus zu erweitern», erklärt Martin E. Schygulla, General Director Region DACH bei Bel.
Integration in den Speiseplan
Um Veggie-Produkte massentauglich zu verkaufen, dürfe es allerdings keine Einstiegshürden geben, heisst es bei Iglo. Das bedeutet, dass sich die Produkte einfach in den gewohnten Speiseplan integrieren lassen. «Das ist für die klassischen Zielgruppen, deren Essverhalten von gelernten Gewohnheiten geprägt ist, besonders wichtig. Diese Verbraucher greifen, um ihren Fleischkonsum zu reduzieren, eher zu Fleischalternativen, die leicht in vertraute Rezepte zu integrieren sind, als zu reinen veganen Gemüse-Produkten», sagt Anne Räwel, Senior Marketing Manager Green Cuisine bei Iglo. «Echte» Veganer interessieren sich dagegen weniger für Fleischersatz, erklärt Andrea Porsch, Marketing Managerin bei Genuport. «Ihnen fehlt nicht der Fleischgeschmack.» Anders sehe es bei Milch-Alternativen aus: «Bei Milch- und Käseersatzprodukten sind Veganer eher die Hauptzielgruppe», sagt Porsch. «Jedoch gibt es auch hier einen grossen Anteil an Käufen aus Neugier oder Gesundheitsgründen.»
Kaufkriterium Geschmack
Die Anforderungen der Shopper an Veggie-Produkte sind hoch: Das wichtigste sei der Geschmack, heisst es bei Iglo, was jedoch nicht bedeuten müsse, dass eine Fleischalternative unbedingt wie Fleisch schmeckt. Zudem seien kurze Zutatenlisten wichtig, sagt Claudia Hauschild, Leiterin der Unternehmenskommunikation der Rügenwalder Mühle. «Und zwar stärker als bei anderen Produkten, da sich die Käufer intensiv mit ihrer Ernährung auseinandersetzen». Ersatzprodukte seien oftmals hoch verarbeitete Produkte, ergänzt Andrea Porsch von Genuport. «Verbraucher achten etwa auf die Auswahl von Ölen und Fetten, da die Aufnahme der richtigen Omega-3-Fettsäuren in der pflanzlichen Ernährung eine grössere Rolle spielt. Ebenso schauen sie auf den Zuckerzusatz oder die Proteinquelle.» Die Markenartikler reagieren darauf mit einem zunehmend differenzierten Angebot. So sind bei Alpro «viele neue Zutaten hinzugekommen», sagt Alexandra Stell, Brand Marketing Managerin DACH. «Vor allem Hafer und Mandel wachsen, beliebt sind auch Produkte mit wenig oder ganz ohne Zucker.»
Trend-Ausblick
Zukunftstrends sind laut Rügenwalder Mühle die «Zunahme veganer Alternativen sowie regionale Rohstoffe». Hier führt das Unternehmen bereits Testläufe mit heimischem Soja durch. Auch alternative Proteinquellen und In-Vitro-Fleisch werden in den kommenden Jahren marktfähig sein, heisst es bei Iglo. Bei Bel erwarte man, dass längerfristig neben den bekannten pflanzlichen Alternativen immer mehr eigenständige Produkte auf den Markt kommen könnten, die Nachhaltigkeit und Gesundheitsaspekte stärker berücksichtigen, sagt Martin E. Schygulla. «Diese Sparte wird gar nicht erst versuchen, in Geschmack und Sensorik ein traditionelles Lebensmittel nachzuahmen, sondern ein komplett neues Produkt darstellen.»
Welche Produkte sind geeignet, um sich vollständig vegan zu ernähren?
Wer sich komplett pflanzlich, also vegan, ernähren will, sollte für Abwechslung auf dem Teller sorgen. Welche pflanzlichen Alternativen welche Nährstoffe liefern können. Eine Auswahl:
Protein: Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse, Ölsamen, Kartoffeln, Tempeh, Tofu
Kalzium: Gemüse, etwa Brokkoli oder Grünkohl, Nüsse, Hülsenfrüchte, Tofu, kalziumreiches Mineralwasser
Eisen: Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkorngetreide, Gemüse wie Schwarzwurzeln oder Spinat
Vitamin D: Champignons, Pfifferlinge, mit Vitamin D angereicherte Produkte
Docosahexaensäure (Omega-3-Fettsäure): mit Mikroalgenölen angereicherte Produkte
α-Linolensäure (Omega-3-Fettsäure): Leinöl
Riboflavin: Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse, Brokkoli
Zink: Nüsse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte
Selen: Spargel, Kohl- und Zwiebelgemüse, Pilze, Paranüsse
Jod: jodiertes und fluoridiertes Speisesalz
Vitamin B12: Nahrungsergänzungsmittel und angereicherte Lebensmittel
Fleischlos
Fleischlose Burger, Veggie-Aufschnitt oder Fischersatzprodukte: Immer mehr Hersteller bieten Lebensmittel aus alternativen Proteinquellen an. In einer eigenen repräsentativen Studie hat die PHW-Gruppe unter anderem untersucht, welcher Fleischersatz am beliebtesten und was beim Kauf entscheidend ist. Dafür wurden vom Meinungsforschungsinstitut Forsa vom 16. bis 27. November 2020 1003 Personen aus Deutschland befragt.
Top-10 der Fleischersatzprodukte
22 %: Tofu
20 %: Fleischloses Hack (gegart/frisch)
18 %: Aufschnitt
14 %: Schnitzel
13 %: Burger
13 %: Würstchen
12 %: Frikadellen
12 %: Nuggets
11 %: Geschnetzeltes/Streifen
9 %: Bratwurst
Quelle: Green Legend-Veggie-Studie 2021, Forsa
Top-6 der Kaufkriterien bei Fleischersatzprodukten
72 %: Ohne Gentechnik
68 %: Ohne Palmfett
66 %: Ohne Geschmacksverstärker
26 %: Komplett ohne tierische Bestandteile
20 %: Ohne Soja
13 %: Glutenfrei
Quelle: Green Legend-Veggie-Studie 2021, Forsa
Vegane Ernährung im Ländervergleich
In Deutschland ist der vegane Trend am stärksten zu beobachten. Hochgerechnet auf die aktuelle Bevölkerung von 83,1 Millionen Menschen (Stand: Juni 2020), ernähren sich laut dem Europäischen Ernährungsreport 2020 von Veganz (ein Anbieter pflanzlicher Lebensmittel) 2,6 Millionen Menschen – also 3,2 % der deutschen Bevölkerung – vegan und zirka 3,6 Millionen Verbraucher (4,4 %) vegetarisch. Dänemark (2,7 %) und die Schweiz (2,6 %) belegen bei den untersuchten Ländern die Plätze zwei und drei.
Quelle: Europäischer Ernährungsreport 2020, Veganz
Buchtipp
Simple Vegan Kitchen: Schnell und vegan durch den Alltag
Die Lifestylebloggerin Susanna Wurz konnte sich schon in jungen Jahren den Traum der Selbständigkeit erfüllen. Seit fast einem Jahrzehnt teilt die gebürtige Oberösterreicherin ihr Leben und ihre Interessen auf Instagram und Co. – von Mode über Fitness bis hin zu Ernährung und Lifestyle. Ihre große Leidenschaft gilt aber vor allem dem Kochen. In »Simple Vegan Kitchen – Schnell und vegan durch den Alltag« lässt Susanna diese langjährige Passion hell aufleben. Ihre Devise: Mit Liebe zum Detail und einfachen Zutaten soll es für alle möglich sein, simple und vegane Rezepte nachkochen zu können. Der Mehrwert liegt primär darin, dass die Autorin klassische Gerichte abwandelt und in upgedateter, gesunder Version auf den Tisch bringt. Der Spaß am Kochen steht dabei an oberster Stelle, ebenso wie das Ausprobieren von neuen Zutaten und Experimentieren mit verschiedenen Geschmäckern.
Herausgeber: Dachbuch Verlag GmbH;
1. Edition (17. März 2021)
Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
ISBN-10 : 3903263354