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Immer mehr Verbraucher bemühen sich um einen nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln. Wie Händler sie dabei am Point of Sale mit neuen Sortimentskonzepten unterstützen können.
Von feingesteuerten Warenströmen über moderne Prognosesysteme, automatisierte Bestellverfahren bis zur engmaschigen Überwachung der MHD, Foodsharing-Boxen und der Förderung der städtischen Tafeln: Der Handel setzt sich seit Längerem intensiv für die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung ein. Aber: Immer längere Öffnungszeiten der Märkte drohen diese Bemühungen zu konterkarieren, denn sie bedeuten für viele Anbieter auch, frische Waren wie Obst, Gemüse und Fleischprodukte bis Ladenschluss in grosser Auswahl in der Warenauslage bereitzuhalten. Werden sie nicht verkauft, steigt der Anteil der zu entsorgenden Ware wieder – und der Handel hat ein Imageproblem. Einzelhändler, die bis zur letzten Minute eine gute Auswahl haben, begeistern Kunden – solche, die nicht verkaufte Lebensmittel entsorgen, eher nicht.
Klaren Standpunkt zeigen
Die besondere Herausforderung für den LEH besteht darin, die Erwartungen anspruchsvoller Kunden und nachhaltiges Frischwarenmanagement in Einklang zu bringen. Das ist nicht so einfach, denn eine neue Studie der YouGov-Marktforscher belegt: Immerhin ein Drittel der Kunden reagiert erklärtermassen mit Verärgerung, wenn abends im Supermarkt viele Frischwaren ausverkauft sind. Händler können also das Problem nicht einfach durch geringere Einkaufsmengen und ein kleineres Angebot lösen, sonst laufen sie Gefahr, dass diese (für sie vielleicht besonders interessante) Kundengruppe abwandert. Umfrageergebnisse zeigen allerdings, dass es dieser Käufergruppe mehrheitlich gar nicht unbedingt um eine breite Auswahl geht; sie zeigt sich durchaus offen für ein gezieltes, kleines Sortiment – Hauptsache, die Qualität stimmt. Hier kann ein klarer Standpunkt des Handelsunternehmens zum Thema Verschwendung alle Kunden überzeugen, auch die anspruchsvollen. Händler sollten konsequent dafür einstehen, dass noch gute Lebensmittel nicht weggeworfen werden, sondern vom Unternehmen anders verwertet werden, und dies in der Kommunikation auch immer wieder deutlich machen.
Denkbarer Ansatz: Food-Upcycling
Dabei muss es nicht zwingend die Spende an die Tafeln sein. Eine Lösung kann laut Studie auch eine Sortimentspolitik sein, die neue Produkte ins Angebot integriert, die aus „alten“ Lebensmitteln hergestellt wurden. 82 Prozent der Befragten würden nach eigenem Bekunden Produkte von Herstellern kaufen, die Lebensmittel, die bei der Ernte oder in Läden übrig geblieben sind, weiterverarbeiten, etwa Bier aus Brotresten oder Marmeladen und Chutneys aus Obst. Denkbar wäre auch ein Food-Upcycling, also die Verwertung von Obst- und Gemüsebestandteilen, die normalerweise im Müll landen: Karottengrün, Apfel- und Bananenschalen, Kohlrabiblätter und vieles andere, was viele Vitamine und Nährstoffe enthält und als Salat, als Fleischgewürz, als Rohkostbeilage, Pesto verwendet werden kann. Der Handel könnte hier Anregungen in Form von Rezepten liefern, Kochevents oder ähnliche Marketingaktionen initiieren.
In puncto Optik gilt inzwischen vermehrt: Auch krumme Gurken und mehrbeinige Karotten kommen an bei Kunden. Das sind gute Voraussetzungen für die Aufnahme einiger solcher Produkte ins eigene Sortiment – zumal 95 Prozent der Verbraucher den Kauf dieser Produkte bei einem mehr als 20 Prozent günstigeren Preis in Erwägung ziehen. Insgesamt sollte der Händler stets in der Lage sein, der anspruchsvollen Kundenklientel Alternativen zu den gewünschten, aber vielleicht am Abend nicht mehr vorrätigen Artikeln bieten, und gezielt auf diese hinweisen.