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Gesunde Mehrkammer-Gerichte, kulinarische Leckerbissen als flexible Modulpakete und zugleich vielfältige und frische Zutaten: Ansprüche an Convenience-Food, die durch die Krise zusätzlich befeuert werden.
Zwar kochen laut Ernährungsreport 2021 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mehr als die Hälfte der Deutschen (52 %) täglich, doch die Prioritäten haben sich verschoben, wie die aktuelle Rheingold-Studie «Das Coronavirus und die neue kulinarische Esskultur» jetzt herausgefunden hat. Demnach liegt der Fokus nun deutlich stärker auf Gesundheit und Nachhaltigkeit bei gleichzeitiger Einfachheit der Zubereitung der Mahlzeiten. Ferner attestiert die Studie den Verbrauchern eine hohe Markenaffinität zur Absicherung der Qualität. Gefragt sind daher Produkte, die dieses Verbraucherbedürfnis aufgreifen. In diesem Kontext bietet Convenience- Food vielfältige Konzepte und attraktive Chancen für den Handel.
Qualität und Frische
So verzeichnet Globus laut Sandra Leiendecker, Leitung Strategische Markenführung und Eigenmarken bei Globus SB Warenhaus, im Bereich der verzehrfertigen Produkte aus dem SB-Kühlregal in den letzten fünf Jahren eine Umsatzentwicklung von rund 30 Prozent. Mit der neuen Eigenmarke «Globus FRESH 'N' GO» ergänzt Globus sein Eigenmarken-Sortiment um eine bunte Palette an frischen Produkten, die direkt gesnackt oder zu Hause nur noch erwärmt oder verfeinert werden müssen. Bis zum Sommer wird dieses Sortiment auf rund 100 Frische-Artikel erweitert. «Wir möchten den Kunden mit unserer neuen Convenience-Eigenmarke mehr Zeit im Alltag verschaffen und ihnen dennoch qualitativ hochwertige und frische Lebensmittel anbieten», sagt Jochen Baab, Sprecher der Geschäftsführung Globus SB-Warenhaus. Auch Sascha Leiser, Vertriebsleiter Retail Deutschland Hilcona Feinkost GmbH, ist der Überzeugung, dass To-go-Produkte aus der Kühlplatzierung die Frischekompetenz des Händlers unterstreichen und so zur Profilierung vor Ort beitragen.
Vegetarische Konzepte
Convenience wird künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Das spiegelt sich in den Marktzahlen wider. Laut IRI verzeichnet gekühlte Convenience in 2020 ein Umsatzplus von 13,9 Prozent. Dabei konnten Fertiggerichte um 21,6 Prozent und Teilfertiggerichte um 16 Prozent im Wert zulegen. Enorme Zuwächse verzeichneten vegetarische Fertiggerichte mit einem Umsatzplus von 57,2 Prozent, die vegetarischen Teilfertiggerichte legten sogar um 65,5 Prozent zu. Innerhalb der vegetarischen Teilfertiggerichte konnte besonders Hackfleisch als vegetarische Variante mit 117,8 Prozent Umsatzplus im Vergleich zum Vorjahr seinen Marktanteil ausbauen. Dazu bemerkt Fabry’s, Hersteller von Snacks und Convenience-Produkten: «Verbraucher sind sensibler für die Qualität von Lebensmitteln geworden und werden weiter verstärkt zu vegetarischen und veganen sowie Bio-Varianten greifen.» Denn der Wunsch nach einer bewussten Ernährung ohne Fleisch gilt gleichermassen auch für das Segment der Fertiggerichte.
Neue Bedürfnisse
Daneben nehmen exotische und authentische Geschmacks-
welten aus fernen Ländern zu. Einen Beweis dafür liefert der Umsatz von Sushi, der sich 2020 laut IRI im Vergleich zu 2019 mehr als verdoppelt hat (2020: 107 Mio. Euro, 2019: 46 Mio. Euro). Als Treiber kommen laut Leiser die wachsende Zahl von Familien mit doppeltem Einkommen sowie Millennials hinzu, die offen für neue Geschmacksvarianten sind und statt traditioneller Mahlzeiten lieber Mini-Snacks zu sich nehmen. Damit wird Essen zunehmend Ausdruck individualisierter Genussansprüche.
Zusatzumsätze generieren mit Vending-Automaten
Volker Höpfner, Geschäftsführer von Fresh Food Company
Um sich von Mitbewerbern abzusetzen, versprechen Verkaufsautomaten, sogenannte Vending-Maschinen, Zusatzumsätze. Denn sie setzen laut Volker Höpfner, Geschäftsführer von Fresh Food Company, dort an, wo das Kühlregal nicht mehr ausreicht. Zum einen sieht Höpfner die Automaten im LEH in der Vorkassenzone, da sie den grossen Vorteil haben, dass der Verbraucher seinen Bedarf schnell decken kann und nicht an der Kassenzone anstehen muss. Die Maschinen funktionieren bargeldlos, mit Online-Verbindung und sind mit einem Warenwirtschaftssystem versehen. Zum anderen bieten sich dem LEH, der dem Verbraucher mit dem Wunsch nach mehr Regionalität und weniger Verpackungsmüll nachkommen will, praktikable Nachhaltigkeitslösungen: So kann beispielweise frische Milch vom Bauern oder der Molkerei aus der Region erworben werden und direkt in die selbst mitgebrachte Flasche abgefüllt werden. Das Gleiche gilt für Reinigungsmittel, Shampoos und Seifen. Laut Höpfner kann der Händler damit ein Zusatzgeschäft erzielen, da er hier Produkte aus der Region und dem mittleren und höherwertigen Preissegment anbieten kann. Die Sortimente können nach Belieben auf das jeweilige Umfeld des Geschäfts abgestimmt werden. Denn nicht jeder Markt eigne sich laut Höpfner für alle Vending-Bereiche. Fresh Food arbeitet beispielsweise mit verschiedenen Herstellern von Vending Automaten zusammen, die modular aufgebaut sind. Beispielsweise könne man ein Vending-Modul im Eingang oder Obst- und Gemüsebereich mit Convenient-Produkten und einer Schnellkasse positionieren oder auch ein Modul mit heissen Snacks im Markt platzieren, bei dem die Waren an der Kasse bezahlt werden. So ein Modul werde beispielsweise schon sehr erfolgreich in der Schweiz eingesetzt. Bei Fertiggerichten gehe man momentan verschiedene Wege: möglich sind Produkte in Restaurant-Qualität, die aus einem Cold-Modul entnommen und bezahlt werden und dann in einem Hot-Modul binnen 25 bis 50 Sekunden auf den Punkt erhitzt werden. Aber es gibt auch ausgesuchte Fertigprodukte in Bio-Qualität sowie vegetarische und vegane Produkte. Möglich seien aber auch hochwertige Brotprodukte, Bircher, Müsli und Porridge. Dann gibt es noch TK-Produkte, die sich als Snack eignen und in einem Hot Modul angeboten werden. Aktuell arbeitet Höpfner an einem Modul mit warmem Frühstückskonzept, an einem nachhaltigen Portfolio mit Mono-Plastik, das zu hundert Prozent recycelt werden kann, und an einem Modul mit Produkten aus Bowls, Schalen und Menütellern.
Online-Links:
Rheingold-Studie im Auftrag der Kulinaria Deutschland: Das Coronavirus und die neue kulinarische Esskultur
https://kulinariadeutschland.com/rheingold-studie/
Ernährungsreport 2021 vom Bundesministerium für Ernährung (BMEL)
https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/ernaehrungsreport-ueberblick.html